Deutsche Gesellschaft für Online-Forschung - D.G.O.F. e.V. i.G.
 
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Aufmerksamkeits- und Selektionssteuerung im WWW

 
Werner Wirth
 
Institut für empirische Kommunikationsforschung
Universität Leipzig
Augustusplatz 9-11
04315 Leizig
Hauspostfach 1651
T.: ( 0341 ) 9 73 57 45 od. 6 88 43 30
wwirth@rz.uni-leipzig.de
 
Stichworte: Navigation, Selektionssteuerung, Experiment, Multi-Methoden-Design
 
Bei der WWW-Nutzung ist der Nutzer permanent gezwungen, Selektionsentscheidungen zu treffen. Dieser Aktivitätszwang ist verknüpft mit einem "information overload", das heißt mit jeder Selektionsentscheidung steht theoretisch eine Vielzahl von medialen Informationen zur Verfügung, die mit den Intentionen und Neigungen des Nutzers abgeglichen werden könnten, um zu einer optimalen Entscheidung zu gelangen. Erkenntnisse aus der Sozial- und Entscheidungspsychologie lassen jedoch vermuten, daß Menschen ihre Entscheidungen eher selten rational abwägen, besonders nicht unter hohem Aktivitätsdruck (heuristic choice models). Der Selektionsdruck macht Rezipienten vermutlich empfänglich für Selektionsvorschläge der Anbieterseite.
Es stellt sich die Frage, inwieweit und unter welchen Bedingungen die Aufmerksamkeit und der Selektionsfluß im Internet medial gesteuert werden. Dabei geht es nicht so sehr um spezielle Methoden, bei denen den Nutzern die Selektionsentscheidungen abgenommen werden (z.B. automatische Weiterleitung), sondern um "normale" Nutzungsbedingungen (Auffälligkeit von Pages und Links, Linklisten, Linkpositionen, Erkennbarkeit, Farben und Formatierungsmerkmale, etc.).
Welches sind hier die wichtigsten selektionsentscheidenden Kriterien? Welche Einflußmöglichkeiten gibt es, oder ist die Souveränität des Nutzers im Internet über alle Persuasionsversuche erhaben?
Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, wurden mit einem Multi-Methoden-Design (Methode des Lauten- Denkens, Log-File-Analysen, Inhaltsanalysen, Befragung) mehrere WWW-Rezeptionsexperimente mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Nutzungsmodi (Freies Surfen, zielorientierte Nutzung) durchgeführt. Das Selektionsverhalten von Versuchspersonen und die betrachteten Web-Pages wurden ebenso wie spontan geäußerte Kommentare und Evaluationen (Methode des Lauten-Denkens) mit einem SoftWare-Camcorder audiovisuell aufgezeichnet. Die AV-Daten werden derzeit inhaltsanalytisch ausgewertet. Der Vergleich der gewählten mit den nicht gewählten (potentiellen) Selektionsentscheidungen erlaubt Rückschlüsse auf das Einflußpotential medialer (WWW-spezifischer) Merkmale. Ziel ist die Konstruktion eines Selektionsmodells, das das WWW-spezifische Einflußpotential auf die Selektionsentscheidung der Nutzer verortet und quantifiziert.
  


 
 
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